Wir beobachten in jüngster Zeit, dass neue Angebote für Beratung und Schulung rund um HL7 FHIR wie Pilze aus dem Boden sprießen, gelegentlich jedoch angeboten von Organisationen bzw. Personen, die innerhalb der FHIR-Community gar nicht oder nur wenig bekannt sind und mutmaßlich nicht über die erforderlichen Qualifikationen und Erfahrung verfügen, um die verprochene Leistung in seriöser Qualität erbringen zu können.

Für potentielle Auftraggeber, die vor dem Problem stehen, sich für ein Beratungs- oder Schulungsangebot entscheiden zu müssen, kann es schwierig sein, unseriöse Angebote als solche zu erkennen.

Leider gibt es auch keine offizielle Akkreditierung seitens HL7 International, die hier weiterhilft, lediglich das „FHIR Proficiency Zertifikat“, das jedoch nur grundlegende Kenntnisse zum Thema FHIR nachweist. Zur Einschätzung: Jeder, der an unserer dreitägigen Basis-Schulung teilgenommen hat, hätte ausreichende Kenntnisse, um die Zertifikatsprüfung zu bestehen.

Mit diesem Artikel wollen wir ein paar objektive und einfach überprüfbare Kriterien benennen, mit denen „gute“ FHIR-Experten als solche zu erkennen sind. Wohlgemerkt sollte keines der Kriterien alleine ausschlaggebend sein. Auch die Experten bei Gefyra erfüllen die genannten Kriterien manchmal nur teilweise bzw. zeigen ein dem einen oder anderen Bereich mal mehr und mal weniger Aktivität auf. In Kombination ergbit sich jedoch ein schlüssiges Gesamtbild, das einen guten Eindruck über die Dauer, Tiefe und Breite mit der sich eine Person mit dem Thema „FHIR“ beschäftigt, vermittelt.

Die Person ist als Contributer der FHIR-Spezifikation genannt

Als Contributer werden Personen benannt, die maßgeblich an der Erstellung und Publikation der FHIR-Spezifikation beteiligt sind, z.B. unsere Experten Simone Heckmann, Patrick Werner und Alexander Zautke

Überprüfbar unter https://hl7.org/fhir/credits.html

Die Person bekleidet aktive Ämter bei HL7

Dies kann in Form der Mitarbeit bei  HL7 International  oder einer Affiliate-Organisation erfolgen, z.B. als Co-Chair einer Working Group oder als Leiter:in eines technischen Komitees bei HL7 Deutschland e.V..

Patrick Werner ist aktuell Co-Chair der Working Group „Clinical Genomics“ bei HL7 International und stellvertretender Leiter des Technischen Komitees für Terminologien bei HL7 Deutschland e.V.
Alexander Zautke ist Technischer Leiter bei HL7 Deutschland e.V. und Affiliate Representative im Technical Steering Commitee bei HL7 International. Simone Heckmann leitet das Technische Komitee für FHIR bei HL7 DE seit dessen Gründung in 2016. Stefan Lang war stellvertetender Leiter des selben Komitees, bis die Position von Alexander Zautke übernommen wurde.

Überprüfbar unter https://hl7.de/, z.B.:

oder über die Suche des Namens bei https://www.hl7.org/, z.B.:

Die Person ist in der Community aktiv

Die Teilnahme an der FHIR-Community ist essentiell um bei den neuesten Entwiclungen „am Ball“ zu bleiben. Weiterentwicklungen der Spezifikation sind meist durch Diskussionen innerhalb der Community motiviert. Die Community dient außerdem dem Austausch zwischen Implementierern und Spezifizierern, FHIR-Nutzern in verschiedenen Ländern und Jurisdiktionen sowie Tool- Entwicklern und -Nutzern. Ohne diesen regen und kontinuierlichen Austausch, besteht die Gefahr der „Bubble-Bildung“. Man sieht nur noch, was in der eigenen Umgebung geschieht und verliert den Blick auf’s „große Ganze“.  Für FHIR-Experten ist die Community die wichtigste Quelle für Hinweise auf Probleme mit oder Fehler in der Spezifikation, Bugs in Tools, geplante Features, Entwicklungen in anderen Ländern, Kontakt mit internationalen Experten und vieles mehr.

Ein FHIR-Experte sollte über einen Account im Internationalen FHIR-Chat verfügen, der eine mehrjährige Aktivität in verschiedenen nationalen und internationalen Themenbereichen aufweist.

Überprüfbar unter https://chat.fhir.org (Name der Person in die Searchbar eingeben und auf „Sent by <username>“ klicken), z.B.

Die Person nimmt regelmäßig an HL7 Working Group Meetings teil

Die Teilnahme an HL7 Working Group Meetings steht zwar jedem offen,  ist aber zugegenermaßen meist mit hohen Reise- und Teilnahmekosten verbunden. Seit der Pandemie findet jedoch ein Meeting im Jahr in virtueller Form und mit reduzierter Anmeldegebühr statt, sodass der für FHIR-Experten essentielle Kontakt zu den Arbeitsgruppen, die den FHIR-Standard weiterentwickeln, niederschwellig möglich ist.

Als Nachweis können Anmeldebestätigungen des Teilnehmers angefordert werden oder der Name der Person im HL7 Confluence gesucht werden: https://confluence.hl7.org/
In den Ergebnisse sollten u.A. etliche „Meeting Minutes“ von Sitzungen auftauchen, an denen die Person im Rahmen von Working Group Meetings teilgenommen hat, z.B.:

Auch die Beteiligung an den wöchentlichen Telefonkonferenzen von HL7 Working Groups ist auf diesem Wege nachvollziehbar.

Die Person trägt aktiv zu verschiedenen öffentlichen FHIR-Projekten bei

Am besten lässt sich die Mitarbeit einzelner Personen an öffentlichen FHIR-Projekten über deren GitHub-Account nachvollziehen. Während die Commit-Historie die Quantität der Beiträge zeigt, gibt die Auflistung unter „Organisationen“ einen Eindruck von der Breite der Aktivitäten.

Überprüfbar unter https://github.com/ über die Eingabe des Namens in der Suchleiste und Einschränkung der Ergebnisse auf „User“, z.B.:

Es sei an dieser Stelle jedoch angemerkt, dass die Mitarbeit an FHIR-Projekten lediglich eine quantitative Aussage über die Arbeit mit FHIR ermöglicht. Jeder kann FHIR-Projekte in beliebiger Anzahl erstellen und publizieren. Dies stellt kein Merkmal für Qualität dar. Ebenso können Personen qualitativ hochwertige Arbeit an Projekten leisten, die aus organisatorischen Gründen nicht auf GitHub publiziert sind.

Die Person wirkt an den FHIR DevDays mit

Die FHIR DevDays finden seit 2014 jährlich statt und stellen die größte internationale Zusammenkunft der FHIR Community unter der Schirmherrschaft von HL7 International dar. In Präsentationen und Workshops können FHIR-Enthusiasten untereinander Erfahrungen ausgetauschen und ihre Kenntisse erweitern. FHIR-Experten aus aller Welt sind dazu aufgerufen, sich mit Beiträgen an der Programmgestaltung zu beteiligen. Aufzeichnungen der Workshops und Präsentationen stehen 6 Monate nach der jeweiligen Veranstaltung der Öffentlichkeit zur Verfügung. 

Überprüfbar über den YouTube-Kanal der FHIR DevDays z.B.:

Abschließende Empfehlung

Es mag durchaus Wege geben, wie man zu FHIR-Expertise gelangen kann, ohne dabei  nachweisbare Spuren im Internet zu hinterlassen (z.B. weil man sich um Anonymität im Netz bemüht oder durch einen Arbeitgeber- bzw. Providerwechsel alte Accounts löschen und neue anlegen musste).

Wenn ein „FHIR-Experte“ die oben genannten Kriterien jedoch gar nicht oder nur in sehr geringem Maße erfüllt, dann ist gesundes Misstrauen angebracht.